Präsident Obama und Außenministerin Clinton haben in pakistanischen
Fernsehsendern einen Spot geschaltet, in dem sie sich von dem
Muhammed-Video distanzieren. Eine angemessen Reaktion?
Ein Kommentar von Christian Geyer, FAZ
In so einer manipulierten Situation, in der Provokateure
sich hinter der Meinungsfreiheit verstecken und politische Extremisten
sich als Religionskämpfer ausgeben - in diesem Schauspiel kann es nur
darum gehen, mit praktischer Vernunft auf beiden Seiten deeskalierend zu
wirken, statt einen blutigen Prinzipienstreit auszukämpfen. Das hat der
Karikaturist Klaus Staeck, Präsident der Berliner Akademie der Künste,
vor Augen, wenn er nach den jüngsten französischen Mohammed-Karikaturen
davon abrät, sich jedes Recht, das einem zusteht, zu jeder Zeit
herauszunehmen: „Es gibt keine Meinungsfreiheit ohne Verantwortung. Das
müssen die Kollegen mit sich selbst abmachen, ob sie in dieser Situation
noch einmal Öl ins Feuer gießen, wenn es schon brennt. Das muss man
trotz Satire gut abwägen.“
Auch die Frage, ob das Muhammed-Video hierzulande
öffentlich aufgeführt werden sollte, möchte Staeck situativ, nicht
prinzipiell besprochen sehen (also nicht nach dem Motto:
Meinungsfreiheit jetzt!, koste es, was es wolle). Im konkreten Fall, in
dem die Gruppe Pro Deutschland eine gezielte Provokation probt, stelle
sich vernünftigerweise die Frage so: „Will man dieser kleinen, rechten
Splittergruppe die Freude gönnen, dass sie den Film öffentlich aufführen
lassen kann? Da appelliere ich an die Kinobesitzer von Berlin, sich
diesem Film zu verweigern.“
Auf deeskalierender Linie läuft auch der Spot, den
Präsident Obama in pakistanischen Fernsehsendern geschaltet hat, in dem
er selbst und Außenministerin Clinton sich von dem Muhammed-Video
distanzieren: „Wir lehnen den Inhalt und die Botschaft absolut ab.“ Die
volkspädagogische Pointe: Ein westlicher Filmemacher ist nicht der
Westen, und nicht jeder Schmäh gehört verboten geschweige denn mit
Gewalt beantwortet.
Das mag, millionenfach unters pakistanische Volk
gebracht, eine Geste zur rechten Zeit sein; man wird sie von den
jeweiligen islamischen Kreisen ebenso gut als Aufklärung wie als
Propaganda hinstellen können. Dass der pakistanische Premier das
Muhammed-Video kurz vor dem Freitagsgebet als „Angriff auf 1,5
Milliarden Muslime“ wertete, sieht eher nach Scharfmacherei aus, als
solle eine mögliche besänftigende Wirkung des Obama-Spots im Keim
erstickt werden.
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