Samstag, 29. September 2012

Muhammed-Schmähvideo: Spot an!

Präsident Obama und Außenministerin Clinton haben in pakistanischen Fernsehsendern einen Spot geschaltet, in dem sie sich von dem Muhammed-Video distanzieren. Eine angemessen Reaktion? 
Ein Kommentar von Christian Geyer, FAZ

In so einer manipulierten Situation, in der Provokateure sich hinter der Meinungsfreiheit verstecken und politische Extremisten sich als Religionskämpfer ausgeben - in diesem Schauspiel kann es nur darum gehen, mit praktischer Vernunft auf beiden Seiten deeskalierend zu wirken, statt einen blutigen Prinzipienstreit auszukämpfen. Das hat der Karikaturist Klaus Staeck, Präsident der Berliner Akademie der Künste, vor Augen, wenn er nach den jüngsten französischen Mohammed-Karikaturen davon abrät, sich jedes Recht, das einem zusteht, zu jeder Zeit herauszunehmen: „Es gibt keine Meinungsfreiheit ohne Verantwortung. Das müssen die Kollegen mit sich selbst abmachen, ob sie in dieser Situation noch einmal Öl ins Feuer gießen, wenn es schon brennt. Das muss man trotz Satire gut abwägen.“

Auch die Frage, ob das Muhammed-Video hierzulande öffentlich aufgeführt werden sollte, möchte Staeck situativ, nicht prinzipiell besprochen sehen (also nicht nach dem Motto: Meinungsfreiheit jetzt!, koste es, was es wolle). Im konkreten Fall, in dem die Gruppe Pro Deutschland eine gezielte Provokation probt, stelle sich vernünftigerweise die Frage so: „Will man dieser kleinen, rechten Splittergruppe die Freude gönnen, dass sie den Film öffentlich aufführen lassen kann? Da appelliere ich an die Kinobesitzer von Berlin, sich diesem Film zu verweigern.“

Auf deeskalierender Linie läuft auch der Spot, den Präsident Obama in pakistanischen Fernsehsendern geschaltet hat, in dem er selbst und Außenministerin Clinton sich von dem Muhammed-Video distanzieren: „Wir lehnen den Inhalt und die Botschaft absolut ab.“ Die volkspädagogische Pointe: Ein westlicher Filmemacher ist nicht der Westen, und nicht jeder Schmäh gehört verboten geschweige denn mit Gewalt beantwortet.

Das mag, millionenfach unters pakistanische Volk gebracht, eine Geste zur rechten Zeit sein; man wird sie von den jeweiligen islamischen Kreisen ebenso gut als Aufklärung wie als Propaganda hinstellen können. Dass der pakistanische Premier das Muhammed-Video kurz vor dem Freitagsgebet als „Angriff auf 1,5 Milliarden Muslime“ wertete, sieht eher nach Scharfmacherei aus, als solle eine mögliche besänftigende Wirkung des Obama-Spots im Keim erstickt werden.

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