Mittwoch, 15. August 2012

"Der Pate" - Eine Kritik zum Gülen-Artikel im SPIEGEL

Im "SPIEGEL" 32/2012 ist ein höchst fragwürdiger Artikel von Maximilian Popp über Fethullah Gülen und der ihm zugeschriebenen "Gülen-Bewegung" erschienen. Nicht nur, dass die Einseitigkeit des Artikels in der Deutschen Medienlandschaft ihresgleichen sucht; er ist auch gespickt von de facto falschen Informationen sowie nicht belegten Anschuldigungen.
Eine kritische Analyse

Nun ist es also wieder mal soweit. Wieder einmal ein „Muslim bashing“ von einem wohl etwas unbedachten, unerfahrenen, jungen Journalisten, der sich mit Fethullah Gülen und der ihm zugeschriebenen Bewegung befasst. Diesmal mussten halt die Gülenisten für die Bestätigung gängiger Vorurteile gegenüber diversen religiösen und kulturellen Einflüssen mit orientalischem Ursprung herhalten.

Selten liest man in den deutschen Leitmedien einen derart voreingenommenen und undifferenzierten Artikel. Sich augenscheinlich der journalistisch unbedenklicher Neutralität verpflichtet, lässt der Autor auf vier Seiten zwar sowohl Befürworter als auch Kritiker der Bewegung zu Wort kommen, bedient dabei jedoch Zeile für Zeile alle gängigen Vorurteile gegenüber Muslimen im allgemeinen und der Gülen-Bewegung im speziellen. 

Schon der Titel verheißt nichts Gutes: da wird also ein islamischer Gelehrter, der sich wie kaum ein anderer für den Dialog und für die Bildung einsetzt, begrifflich in die Nähe eines italienischen Mafiosi gestellt; Francis Ford Coppola lässt grüßen. Das sich Gülen mehrfach, glaubhaft und entschieden gegen jede Art von Gewalt gestellt und mit seiner Aussage „Ein Muslim kann kein Terrorist, ein Terrorist kann kein Muslim sein“ einen einmaligen Vorstoß nach den 9/11-Anschägen gemacht hat, wird kurzerhand verschwiegen. Wen kümmert es?

Der Text wirkt wie ein Sammelsurium von bereits mehrfach vorgetragenen gängigen Anschuldigungen gegenüber Gülen. Nach neuen Erkenntnissen sucht man vergebens, geschweige denn von Beweisen für die vielen Vorwürfe. Viele der vermeintlichen Anschuldigungen lassen sich mit einem simplen „so what“ beantworten. Dass der Bewegung mehrere Medienorgane gehören, dass sie Schulen gründen und in Bildung investieren, sich die Anhänger in WG’s treffen -wohlgemerkt ganz ohne Alkoholkonsum und stickt getrennt nach Geschlechtern- liest sich wie eine Aufzählung von Banalitäten.

Bei „echten“ Vorwürfen jedoch horcht man auf. Gülen wird wahlweise mit Chomeini, Scientology oder mit Opus Dei verglichen. Eine nähere Erläuterung, wie man zu diesen Vergleichen kommt? Fehlanzeige! Schließlich hat man ja nur zitiert. Aussteiger hätten es schwer und würden sich um ihre Gesundheit und Familie sorgen. Das dieser Fall -eine wie auch immer geartete Gewalt gegenüber Aussteigern- nie und nirgends in der Welt jemals stattgefunden hat, ist für den Schreiber nicht von Interesse. Der Autor macht sich an dieser Stelle lächerlich und unglaubwürdig zugleich, wenn er behauptet, der angebliche Aussteiger wäre aufgrund seiner Faszination von Gülens Frömmigkeit in die WG’s der Bewegung eingetreten, um danach entsetzt festzustellen, dass er dort keine Frauen und Alkohol findet. Es sollte ihm in den Lichthäusern aufgezwungen sein, Ungläubige als Freunde zu finden. Dumm nur, dass er 2 Zeilen weiter behauptet, dass er kaum Freunde außerhalb der Bewegung haben durfte. Dass bei derartigen Widersprüchen überhaupt kein Zweifel an der Richtigkeit beim Autor aufkam, sagt einiges aus.

Auch die Mär von den undurchsichtigen Finanzen darf in einem solchen Artikel natürlich nicht fehlen. Das alle Gülen-Institutionen eingetragene, meist gemeinnützige Vereine sind, dass Schulen, Verbände und Vereine den in Deutschland gängigen Kontrollen der jeweiligen Behörden -auch dem Finanzamt- unterliegen und sich bis dato nichts zu Schulden haben kommen lassen, spielt für SPIEGEL keine Rolle. Da passt es auch ins Bild, dass das längst widerlegte, weil völlig aus dem Zusammenhang gerissene Zitat von Gülen über Militärangriffe gegen kurdische Terroristen mantrahaft wiederholt wird. 

De facto falsch ist auch die Behauptung, Gülen erhielte mit Cemalettin Kaplan, dem einstigen „Kalifen von Köln“, gemeinsam Unterricht. Wer auch immer dem Autor diesen Floh ins Ohr gesetzt hat; eine einfache Google-Recherche hätte gereicht, um zu erfahren, dass dies nicht stimmen kann. Alleine schon der Altersunterschied von 15 Jahren hätten ausreichen müssen, um den Verfasser stutzig zu machen. Aber nein, Hauptsache die Namen Gülen und Kaplan tauchen in einem Satz auf!

Wie groß die Aversion und das Misstrauen des Autors gegenüber der Bewegung sind, zeigt sich bei seiner Beschreibung des Büros eines Dialogzentrums in Berlin. Weil er im Bücherregal das „Tagebuch der Anne Frank“ entdeckt, glaubt er zu wissen, dass dies nur ein Zeichen vorgetäuschter Trauer um die Toten des Holocausts sei. Soweit ist man also schon gekommen in Deutschland, dass sich Migranten von Einheimischen Heuchelei in Sachen Holocaust vorwerfen lassen müssen, knapp 70 Jahre nach dem nationalsozialistischen Völkermord an Millionen von Juden. 

Neue Einblicke in die Gülen-Bewegung erhält man mit diesem reißerischen Artikel mit Sicherheit nicht, wohl aber einen Einblick in die verbohrte Innenwelt des Schreiberlings Maximilian Popp.

7 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ich kann mich diesem Beitrag nur anschließen, besser hätte man es nicht auf den Punkt bringen können.
Außerdem schlage ich allen vor die diesen Beitrag hoffentlich lesen, ihre Meinung bitte auch an die folgenden Seiten zu präsentieren. Um solchen Verschwörungstheorien entgegenzuwirken, die den Islam und die Muslime angreifen.

leserbriefe@spiegel.de

spiegel@spiegel.de

http://www1.spiegel.de/active/kontakt/fcgi/lesermail.fcgi

Anonym hat gesagt…

Die Kommentare auf dem folgenden Link sind auch eine Sache für sich... Kein Kommentar...

http://www.odatv.com/n.php?n=der-spiegel-fethullah-gulen-der-pate-1108121200

Anonym hat gesagt…

Die neueste Kritik an der Kritik (am Popp-Stück) lautet ja: Wo sich soviel Kritik anhäuft, steckt bestimmt auch wieder die "Bewegung" dahinter. Es mag ja richtig sein, dass Mitarbeiter von Gülen-Einrichtungen dafür getrommelt haben, beim Spiegel (falls die Leserbriefe denn je abgedruckt werden) oder auf einschlägigen Webseiten den eigenen Ärger kundzutun. So denn: ich bin Deutscher, arbeite für keine Güleneinrichtung und habe auch sonst mit der Gülenstiftung nichts zu tun, fühle mich aber von dem Popp-Stück mehr als schlecht informiert und hinters Licht geführt. Einen islamischen Prediger als "islamistischen" Prediger zu bezeichnen, ist schon grober Unfug genug (kennt man aus hassforen wie P.I.). Gülen selber nie gesehen, geschweige denn mit ihm gesprochen zu haben, dafür aber Sekundär- und Tertiärquellen anzugeben, also Dinge, die andere über ihn gesagt haben (sollen), ist doch kein Journalismus??? Ich möchte wirklich nicht hoffen, dass sich manch ein Türken- oder Islamfeindlicher Wirrkopf jetzt bemüssigt fühlt, der - Zitat: "wichtigsten und gefährlichsten islamistischen Sekte Deutschlands" - die Häuser abzufackeln.

IDIZEM hat gesagt…

Liebe Leser,

sollten Sie einen Einblick in die Arbeitsweise der Spiegel-Journalisten haben wollen, empfehle ich ihnen folgenden sehr interessanten Artikel

http://www.deutsch-tuerkische-nachrichten.de/2012/08/458541/neue-lage-wie-der-spiegel-aus-einem-kritiker-einen-gejagten-macht/

Gruß
Ihr Admin-Team

Anonym hat gesagt…

Wieder einmal werden Muslime schlecht dargestellt. Es ist traurig über einen Menschen, den man gar nicht richtig kennt, so was zu schreiben und damit alle,insbesondere Türken schlecht zu machen.

Anonym hat gesagt…

Der Artikel von Maximilian Popp birgt Lücken in sich und es ist auch keine sonderlich differenzierte Arbeit; es sind aber auch viele Wahrheiten damit verbunden. Jeder, der schon einmal mit der Gülen Bewegung in Kontakt getreten ist, weiß sehr wohl, dass innerhalb der "Licht Häuser" ein Gesellschaftsdruck sowie eine militär-ähnliche Hierarchie herrscht. Auch, dass die Schüler und Studenten in diesen Häusern aufgefordert werden sich Freunde zu machen außerhalb des Cemaat um sie dann in die Licht Häuser zu bringen und dort zu "bekehren" entspricht doch der Wahrheit. Und dass man dabei geheim halten muss, dass man der Gülen Bewegung angehört, ist doch wohl mehr als skurril. Die Bewohner dieser Häuser müssen auch Abonnenten für die Zeitung Zaman finden und werden mit Missgunst begegnet wenn sie nicht genug Abonnenten finden. Das System ist interessant aufgebaut. Man sucht sich hauptsächlich junge Leute aus, die nicht so viele Freunde haben. Man lädt sie zum Tee trinken ein und freundet sich mit ihnen an. Dann macht man die „Bewegung“ den neuen „Rekruten“ schmackhaft, in dem man sie zu Sommercamps mitnimmt und sie sehr schnell einbindet in die auf dem ersten Anschein sehr freundliche Atmosphäre. Bis hierhin sehe ich eigentlich nichts Gefährliches daran. Schließlich gibt es auch christliche und jüdische Gemeinden, die ähnliche Methoden anwenden um ihren Glauben an ihre Kinder weiter zu geben. Aber die Gülen Bewegung geht hier einige Schritte weiter. Man bringt die Jugendlichen dazu sich von Ihrer Familie abzukapseln und ihnen wird weiß gemacht, dass sie zu höherem berufen sind, als nur für ihre Kernfamilie da zu sein. Nachdem man das dann erreicht hat und das neue Mitglied gänzlich ein Teil der Bewegung geworden ist, was natürlich mit sich birgt, dass er in dieses große Netzwerk eingebunden wird und Menschen aus allen Lebensbereichen kennenlernt, die der Bewegung angehören, wird es für den jungen Mann nahezu unmöglich auszusteigen. Denn Mitglieder, die nicht mehr dazu gehören wollen, werden gänzlich isoliert aus ihrer Gesellschaft. Da die Gülen Bewegung nämlich überall in der konservativen Szene ihre Macht ausübt, bekommt der Ausgestiegene sehr schwer einen Job. Außer er zieht ganz weit weg und fängt noch mal von vorne an. Und das ist es, was die Leute verunsichert. Eine muslimische Bewegung die von sich behauptet Toleranz und Frieden zu sähen, sollte sich nicht so totalitär verhalten.
Die Gülen Bewegung an sich war mal eine sehr naive und wirklich den Frieden und Dialog auf der Welt fördernde Idee des Herrn Gülen. Das steht, so denke ich, für alle, die sich mit dem Leben dieses ehrbaren Mannes beschäftigt haben, außer Frage. Aber heute sind all' die Ideale Gülens in den Hintergrund gerückt. Die Bewegung ist unkontrollierbar groß geworden und hat mittlerweile Menschen in seinen Reihen, die den Grundidealen des Herrn Gülen nicht mehr entsprechen. Herr Gülen ist nur ein einziger Mann, der eine Idee hatte wie damals Martin Luther King Jr. Aber diese Idee hat sich zu einem mächtigen Apparat entwickelt, was sich nun selbst regiert und viele Mitglieder beherbergt, die der Grundidee der friedlichen und toleranten Ansicht des Islam gegenüber stehen mit etwaigem oben erwähnten Gesellschaftsdruck innerhalb des Systems.
Wenn Leute Angst haben, die Bewegung zu kritisieren, weil sie sofort als "Zionisten" oder "Ergenekon" abgestempelt werden, dann stimmt was mit der ganzen Ideologie der Gülen Bewegung nicht. Fehler sind menschlich. Sie zu kritisieren, damit etwas verbessert werden kann ist notwendig und gehört fest verankert in das Leben eines jeden frei denkenden Menschen. Sie können diesen Kommentar löschen, aber das wird nichts daran ändern, dass sich die Gülen Bewegung früher oder später mit den Geistern, die es hervorbeschworen hat, auseinandersetzen muss. Und lieber man tut es vorher als wenn es schon zu spät ist.

IDIZEM hat gesagt…

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