Ein Bericht aus dem Handelsblatt
Der umstrittene Adidas-Sneaker, Modell "JS Roundhouse Mid" |
Ja, lautet die Antwort, und sie hat dem Sportartikelhersteller Adidas in den USA ein PR-Debakel sondergleichen eingebrockt. Die Zutaten: ein deutscher Weltkonzern, ein irrlichternder Designer, ein dunkles Kapitel der US-Geschichte und eine hyper-erregbare Internet-Öffentlichkeit.
Es geht um das neue Turnschuh-Modell „JS Roundhouse Mid“ – lila Ungetüme mit einem Zusatzaccessoire: orangefarbene Plastik-Fußketten. Entworfen hat den Sneaker der angesagte US-Designer Jeremy Scott, und Adidas wollte das Modell im August auf den US-Markt bringen. „Verschärfe deinen Style“, hatten die Deutschen am Donnerstag vergangener Woche auf der Facebook-Seite geworben, „mit Sneakers so heiß, dass man sie am Knöchel festbinden muss“. Das Problem: Die Ketten ähneln fatal den Fußfesseln, mit denen in den USA früher Sklaven unterjocht wurden. Und so dauerte es nicht lange, bis sich Internet-Nutzer empörten und das Ganze von Tag zu Tag zu einem Shitstorm anwuchs. „Dumme Deutsche! Schaut in eure Vergangenheit“, schrieb eine Nutzerin auf der Facebook-Seite des Konzerns. „Ich werde nie wieder Adidas-Schuhe kaufen“, kündigte ein anderer an. Wieder einer schimpfte: „Ihr habt mein Bild von eurem Konzern komplett umgedreht. Ihr macht Euch Rassismus, Hass, Unterdrückung und das Böse zu eigen“.
Der Skandal nahm am Montag und Dienstag noch
einmal richtig Fahrt auf, als US-Medien den Fall aufgriffen und breit
berichteten. Auch Bürgerrechtler schalteten sich ein. „Der Versuch, mehr
als 200 Jahre menschlicher Erniedrigung zu kommerzialisieren, ist
entsetzlich und gefühllos“, schrieb der prominente schwarze Reverend
Jesse Jacksonin der „Huffington Post“.
Gerade Adidas als Ausrüster afroamerikanischer Sportler wie Wilma
Rudolph und Mohammed Ali dürfe daraus keinen Profit schlagen. „Diese
Sklaven-Schuhe sind abscheulich“.
Während
Adidas sein Modell anfangs noch verteidigte, folgte dann am Dienstag der
totale Rückzug: Der Konzern will den „JS Roundhouse Mid“ nicht mehr auf
den Markt bringen. Das Design sei lediglich Jeremy Scotts
„extravaganter und einzigartiger“ Ansatz, Mode zu entwerfen, sagte am
Abend eine Sprecherin in Herzogenaurach.
Es habe nichts mit Sklaverei zu tun. „Wir entschuldigen uns, wenn sich
Menschen durch das Design beleidigt fühlen und ziehen unsere Pläne
zurück“. Auch Designer Scott meldete sich via Twitter:
Der Schuh sei keineswegs rassistisch gemeint. Vorbild sei die blaue
Stoffpuppe „My Pet Monster“ gewesen, die orangefarbene Handfesseln
trägt. „Ich habe mich in meiner Arbeit immer von Cartoons, Spielzeug und
meiner Kindheit inspirieren lassen“. Inzwischen ist das Modell von der Adidas-Homepage und der Facebook-Seite
verschwunden. Dort habe es im Übrigen auch viele positive Reaktion
gegeben, sagte die Adidas-Sprecherin. In der Tat nahmen viele Nutzer
Adidas am Dienstag in Schutz. „Was ist rassistisch daran, wenn ein Kind
orangefarbene Plastik-Schellen trägt?“, fragte ein User. Eine andere
pflichtete bei: „Die Leute, die jetzt von Rassismus sprechen, sind genau
die, die ihn am Leben halten“.
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